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AnwaltsVerband Baden-Württemberg
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Gesellschaftspolitische Matinee am 8. Mai 2013 - Podiumsdiskussion in Stuttgart

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Am Mittwoch, 8. Mai 2013 veranstaltete der Anwaltsverband Baden-Württemberg im Deutschen Anwaltverein e. V. in Stuttgart eine Podiumsdiskussion zum Thema „Shitstorm – enden die Persönlichkeitsrechte vor dem Internet?“.

Nach den Begrüßungsworten des Verbandspräsidenten, Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Kothe, stellten vier juristische und medienerfahrene Experten unter Leitung des SWR-Moderators Jörg Assenheimer die typischen Probleme und möglichen Handlungsstrategien für Betroffene dar:  Unterschiede gäbe es je nachdem, ob der Betroffene die rufschädigenden Bilder oder Texte im Internet selbst wahrnimmt und auch in seinem Alltag unmittelbar damit konfrontiert ist, etwa bei Hetzkampagnen gegen Schüler, Lehrer oder Nachbarn, oder ob er erst viel später davon Kenntnis erlangt, etwa weil er das jeweilige Internetforum selbst gar nicht kennt. Einig waren sich die Experten darüber, dass es zunächst gar nicht darauf ankomme, ob die unvorteilhaften Darstellungen der Wahrheit entsprechen.

Der Medienexperte Bernd Oliver Bühler verwies darauf, zunächst zu prüfen, ob sich eine Gegendarstellung lohne, da Dritte oft erst dadurch überhaupt Kenntnis von den Gerüchten erhielten. Dem pflichtete die Fachanwältin für IT-Recht Astrid Ackermann, die Opfer vertritt, bei, weil die Rechtsverfolgungskosten oft recht hoch seien und die Täter nicht immer ermittelt werden könnten. Aussichtslos sei die Einschaltung eines Anwalts jedoch nicht generell, da es auch viele technisch nicht ausreichend versierte Täter gäbe, die dann auch haften müssten. 

Die zahlreichen Zuhörer aus der Wirtschaft, von Behörden, der Justiz, Verbänden, Schulen, den Medien und aus der Anwaltschaft erfuhren, wie sinnvoll es ist, sich frühzeitig ein Netzwerk von möglichst starken neutralen Fürsprechern aufzubauen und die Medienkompetenzen zu schulen. Der Reputationsexperte Christian Scherg (Autor des Buches „Rufmord im Internet“) gab den Tipp, dass es für betroffene Unternehmen hilfreich sei, den jeweiligen Unternehmensvorwurf zu einem Branchenthema auszuweiten und sachliche Informationen herauszugeben. Über geeignete Kanäle, wie Twitter, Facebook oder Blogs, solle ein Gegengewicht aufgebaut und die Deutungshoheit erlangt werden.

Dominik Brodowski, Experte für Internetkriminalität an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, zeigte gesetzgeberischen Handlungsbedarf bei der Haftung für Anbieter von Internetforen auf, die sich von der bei Printmedien unterscheide. Wenn Netzforenbetreiber freiwillig eine Kontrolle auf ehrverletzende Beiträge durchführten, machten sie sich derzeit schneller strafbar. Das sollte geändert werden. Die in Bayern eingesetzten „Cyber-Cops“ würden sich vor allem um Wirtschaftsspionage, Kinderpornografie, Datenklau oder illegale Geldtransfers kümmern, so dass die Ehrdelikte nicht im Fokus der Ermittler stünden. Dabei kann auch der Rufmord im Internet zu schlimmen Folgen führen. Eigentlich einwandfreie Produkte müssen vom Markt genommen werden und Suizidfälle gibt es auch. Das Ermitteln der IP-Adresse führe zwar zum beteiligten Computer, aber nicht unbedingt zum Täter. Täter, die sich mobil ins Internet einwählten, seien noch schwerer zu fassen. Eine Aufgabe der Anonymität im Internet sei angesichts anderer schützenswerter Interessen, wie dem freien Meinungsaustausch und der freien Informationsbeschaffung, sowie der Globalität des Netzes und dem notwendigen Zusammenwirkenmüssen aller Staaten unrealistisch. Hier könne nur auf einen generellen Wertewandel unter den Nutzern gehofft werden.

Die Zuhörer hatten Gelegenheit, mit den Experten zu diskutieren und machten davon rege Gebrauch. Abschließend konnten die Vertreter der unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen noch miteinander ins Gespräch kommen. Der Anwaltsverband wurde von vielen Gästen aufgefordert, eine weitere solche gesellschaftspolitische Matinee zu veranstalten. 



Link zum Online-Artikel des Reutlinger Generalanzeigers vom 11. Mai 2013

 

Zeitungsartikel des Reutlinger Generalanzeigers von Samstag, 11. Mai 2013
  

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